Chancen und Risiken für Umgang und Sorgerecht minderjähriger Kinder während der Corona Pandemie

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Martin Vogel, Schwerin

Die Coronakrise bringt merkwürdiges hervor. Derjenige Elternteil, dem Umgang mit dem anderen Elternteil bisher immer ein Dorn im Auge war nutzt die Coronakrise, um den Umgang zu verweigern oder doch mindestens einzuschränken. Auf der anderen Seite hört man von Elternteilen, die jetzt den anderen Elternteil geradezu auffordern, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich mehr einzubringen. In diesem Fall bietet die Krise für den Elternteil, der immer schon das Wechselmodell wollte gerade zu den Einstieg hierfür. Beispiel: die selbstständige Friseurmeisterin, Kosmetikerin, Ärztin kann ihr Kleinkind bzw. Schulkind unter zwölf Jahren nicht in die Schule, den Hort noch in den Kindergarten bringen, weil diese Institutionen geschlossen sind. Die Großeltern sollen die Betreuung nicht übernehmen, da diese in der Regel besonders gefährdeten Risikogruppe gehören. Teilweise dürfen Elternteile ihre Berufstätigkeit nicht ausüben, zum Beispiel als Friseusen, Kosmetikerin oder Inhaber eines Restaurants. Diese Elternteile erinnern sich plötzlich an den anderen Elternteil und fordern diesen geradezu auf, sich mehr einzubringen. In meiner Praxis hat es bereits mehrere Fälle gegeben, in denen unter diesen Voraussetzungen sich die Eltern die Betreuung im wöchentlichen Wechsel teilen. Dies geht dann letztlich über Wochen. Haben dann Schule und Kindergarten wieder geöffnet und hat sich das Wechselmodell bewährt, so gibt es eigentlich keinen Grund mehr, hiermit aufzuhören, wenn alle Beteiligten damit zufrieden sind.

Anders verhält es sich mit der anderen Gruppe von Elternteilen die der Auffassung sind, Umgang verstoße gegen ein gesetzliches Gebot bzw. Verbot, erzeuge ein Gefahrenpotenzial für das Kind, die weiteren Haushaltsangehörigen oder gegen die Empfehlungen politischer Seite. Auch diese Auffassungen sind tief verwurzelt aber falsch. Der Umgang verstößt gegen kein gesetzliches Verbot. Generell wird in der juristischen Literatur die Auffassung vertreten, dass die Wahrnehmung von Umgang mit dem anderen Elternteil immer ein triftiger Grund sei. Das Bundesjustizministerium ist der Auffassung, dass minderjährige Kinder auch in der Corona Krise auf ihre Eltern angewiesen sind, um eine Persönlichkeit zu entwickeln die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden bezieht sich gerade nicht auf die Kernfamilie, wozu auch das vom Elternteil getrennte Kind gehört. Sofern sich der umgangsberechtigte Elternteil während des Umgangs an die Spielregeln hält, erzeugt der Umgang auch kein Gefahrenpotenzial für das Kind. Gleiches gilt für Haushaltsangehörige. Im übrigen ist das Umgangsrecht ein durch Art. 6 des Grundgesetzes geschütztes Grundrecht sowohl für Kind als auch den anderen Elternteil. Einzig dann muss der Umgang ausfallen, wenn ein Kind gemäß § 30 Infektionsschutzgesetzes unter Quarantäne steht. Hält sich das Kind dann gerade beim umgangsberechtigten Elternteil aus, so muss es hier die Quarantäne verbringen. Gleiches gilt für den Elternteil, der unter Quarantäne steht. Insgesamt gibt es keinen vernünftigen Grund, Umgang während der Corona Pandemie zu verweigern mit der Ausnahme, das Kind selbst oder der gerade betreuende Elternteil steht unter Quarantäne.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Martin Vogel, Schwerin zum Thema Umgang und elterliche Sorge während der Corona Pandemie