<< Teilnahme eines Rechtsbeistandes oder... hen Wiedereingliederung | Diskriminierung wegen Schwerbehinderung >> |
Schmerzensgeld für sinnlose Tätigkeit
Die Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat die Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage wie folgt begründet:
"Ein Entschädigungsanspruch folgt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht aus den §§ 823 Abs. 1, 831 BGB i. V. m. den Art.1 ,2 GG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin.
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Die Zubilligung einer Geldentschädigung bei der allgemeinen Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch die Verletzungen der Würde und der Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen bliebe. Dies hätte die Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als bei einem Schmerzensgeldanspruch stehen bei einer Entschädigung wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung regelmäßig die Gesichtspunkte der Genugtuung des Opfers und der Prävention im Vordergrund (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2011 - - Juris, Rn. 23 f. m. w. N.).
Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Verletzenden. Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, welche die Zahlung einer Entschädigung erfordert, hängt von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab (BAG, Urteil vom 24.09.2009 - - Juris, Rn. 42 f.).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen geht die Berufungskammer davon aus, dass die Beklagte zu 2) das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die Art ihrer Beschäftigung verletzt hat. Die Verletzung ist aber nicht so schwerwiegend, dass sie die Zahlung einer Entschädigung erfordert.
a) Durch die Art der Beschäftigung der Klägerin wird diese in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ist vom Bundesarbeitsgericht aus dem Recht des Menschen auf Anerkennung und Wertschätzung seiner Persönlichkeit, das wiederum seine Grundlage in den Artikeln 1 Abs. und 2Abs. GG hat, entwickelt worden. Wird ein Arbeitnehmer nicht vertragsgerecht, sondern unterwertig beschäftigt, ist dies grundsätzlich geeignet, in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einzugreifen.
Entscheidend ist dabei entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung nicht, ob eine bestimmte zugewiesene Tätigkeit betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht, sondern, ob durch die Art der zugewiesenen Tätigkeit im Vergleich mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit der soziale Geltungsanspruch des Arbeitnehmers negativ betroffen und der Arbeitnehmer durch die Art der Beschäftigung in seiner Wertschätzung abgewertet wird.
Dies ist nicht bei allen der Klägerin zugewiesenen Tätigkeiten der Fall: etwa das Zerreißen von Pappkartons oder auch Reinigungsarbeiten vertragen sich, auch wenn sie betriebswirtschaftlich sinnlos sein mögen, durchaus noch mit dem Tätigkeitsbild, das den Aufgaben einer Helferin in der Kleiderkammer zugrunde liegt. Anders bewertet das Berufungsgericht aber das der Klägerin zugewiesene Sortieren von Knöpfen. Zwar sind Sortierarbeiten für sich genommen ohne Weiteres im Blick auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts unbedenklich. Das gilt aber vorliegend hier nicht, weil die von der Klägerin sortierten Knöpfe abends jeweils wieder in eine Schüssel gelegt und am nächsten Morgen der Klägerin erneut zum Sortieren vorgelegt werden. Damit wird der Kern der persönlichen Würde eines Menschen, nämlich bei seiner Arbeit etwas „irgendwie Sinnvolles“ zu tun, verletzt. Jedenfalls insoweit tritt die Berufungskammer den Ausführungen des Arbeitsgerichts bei.
Daneben wird das Persönlichkeitsrecht der Klägerin auch dadurch verletzt, dass ihr stundenweise überhaupt keine Beschäftigung zugewiesen wird.
b) Die danach vorliegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist jedoch unter Berücksichtigung aller Umstände nicht so schwerwiegend, dass die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist...... "
Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 30.9.2014 1Sa 107/14
Fundstelle: BeckRS 2014, 74310
Zum Thema: Arbeitsrecht / Schikaneverbot / Schadensersatz / Schmerzensgeld/ Persönlichkeitsrecht /Fachanwalt / Schwerin
Eingestellt am 20.05.2015 von M. Vogel
Trackback
Kommentar hinzufügen:
Ihre persönlichen Daten werden nicht angezeigt.