Betreuungsunterhalt bei Aus-, Fort- und Weiterbildung

Kann eine in der Ehezeit begonnene Aus- oder Fortbildung bzw. sonstige Qualifizierung nach der
Scheidung einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt begründen?
Nach der Scheidung blieb die zehnjährige Tochter bei der Mutter. Der Mann wollte keinen
Unterhalt mehr zahlen. Er war der Meinung, die Frau könne in ihrem erlernten Beruf arbeiten.
Die Frau machte geltend, dass die Tochter zwar durch Dritte betreut sei, sie aber trotzdem nur
einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen könne, da sie derzeit noch ihr Habilitationsverfahren
durchlaufe. Daneben könne sie keine Vollerwerbstätigkeit ausüben.
Da die Versorgung des Kindes gesichert war, fiel ein Anspruch der Mutter auf eigenen
Nachscheidungsunterhalt aus kindbezogenen Gründen aus. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste
damit die Frage beantworten, ob Unterhalt aus elternbezogenen Gründen zu zahlen war. Hätte die
Frau keine Zeit in ihr Habilitationsverfahren investiert, hätte sie einer Vollzeitbeschäftigung
nachgehen können. Konnte der Mann ihr das entgegenhalten? Der BGH entschied, dass
Ausbildungs-, Fortbildungs- und sonstige Qualifizierungsmaßnahmen kein Argument sind, um
Betreuungsunterhalt fordern zu können. Die Frau wurde also behandelt, als durchliefe sie kein
Habilitationsverfahren. Die nicht erzielten, aber ohne Habilitationsverfahren erzielbaren
Einkünfte wurden also wie erwirtschaftet behandelt.
Die Begründung: Ist ein Ehegatte wegen Umständen nicht voll erwerbstätig, die unter
Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von
Bedeutung waren, kann er Betreuungsunterhalt verlangen. Die Mutter war aber nicht deshalb nur
teilerwerbstätig, weil sie das Kind zu betreuen hatte und deshalb nicht mehr arbeiten konnte,
sondern weil sie (kindunabhängig) habilitierte. Dafür musste der Mann nicht aufkommen.
Hinweis: Ausbildung, Fortbildung und sonstige Qualifikationen bedeuten meist eine
Einschränkung der Möglichkeit, voll erwerbstätig zu sein. Auf die Bestimmung des
Betreuungsunterhalts wirken sie sich aber nicht aus.

Quelle: BGH, Urt. v. 08.08.2012 - XII ZR 97/10

Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de

zum Thema: Familienrecht



Eingestellt am 04.12.2012 von M. Vogel
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