Erwerbsobliegenheit und Kindesunterhalt

Minderjährige Kinder haben gegen ihre Eltern Anspruch auf Unterhalt, sofern sie bedürftig sind. Eltern haften im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit. Gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB haben Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und solchen, die ihnen gleichgestellt sind eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Dies führte in der bisherigen Rechtsprechung teilweise zu absurden Ergebnissen, zum Beispiel dass ein Arbeitsloser ungelernter Hilfsarbeiter bei einem Arbeitslosengeld von 800 € für 3 Kinder zum jeweiligen Mindestunterhalt verurteilt wurde. Der bisherigen Praxis der Instanzgerichte und der Oberlandesgerichte hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 16. April 2008 nunmehr eine eindeutige Absage erteilt ( 1 BvR 2253/07 ). Der Entscheidung lag ein Fall zu Grunde, bei dem der Kindesvater, der für 2 Kinder unterhaltspflichtig war als Maschinenführer ein monatliches Nettoeinkommen im Schichtdienst von ca. 1000 € erzielte. Die Instanzgerichte waren der Auffassung, dass er seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen sei. Hierzu führte das Bundesverfassungsgericht auszugsweise folgendes aus:

„ Nach dem Klageantrag müsste der Beschwerdeführer für die beiden minderjährigen Kinder monatlich 446 € aufbringen. Zur Deckung dieses monatlich geschuldeten Unterhaltsbetrages und seines eigenen notwendigen Selbstbehaltes von im Entscheidungszeitpunkt 890 € müsste der Beschwerdeführer ein monatliches Nettoeinkommen von 1336 € erzielen. Bei Steuerklasse I ……. müsste der Beschwerdeführer hierfür einen Bruttoverdienst von über 2000 € erzielen. Der derzeitige Bruttoverdienstverdienst liegt bei etwa 1350 € für eine Vollzeittätigkeit im Schichtdienst und mit Nachzuschlägen. Auch unter Berücksichtigung einer zumutbaren Nebentätigkeit ist es ….. nicht realistisch, vom Beschwerdeführer die Steigerung seines Einkommens um nahezu die Hälfte seines bisherigen Einkommen zu verlangen, wenn er bereits für das tatsächlich erzielte Einkommen den Einsatz einer Vollzeittätigkeit unter Inkaufnahme von Schichtdienst erbringen muss und das Einkommen unter Berücksichtigung seiner fehlenden Ausbildung und seines Werdegangs auch nicht unterdurchschnittlich ist…..“

Grundsätzlich hält das Bundesverfassungsgericht zwar eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bei Kindesunterhalt für verfassungsmäßig. Kann ein Unterhaltspflichtiger realistischerweise aber auch im Falle gesteigerter Bemühungen kein Einkommen erzielen, welches ihn in die Lage versetzt, den Mindestunterhalt zu zahlen, dann darf auch kein fiktives Einkommen zu Grunde gelegt werden. Dementsprechend müssen unterlassene Bewerbungsbemühungen um eine besser bezahlte Arbeit kausal für die Leistungsunfähigkeit sein



Eingestellt am 06.12.2010 von S.Ramburger
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