Schmerzensgeld bei Umgangsverweigerung

Es kommt vor, dass der Elternteil, bei dem ein oder mehrere Kinder leben Umgang verweigert. Besteht ein gerichtlicher Beschluss oder ein gerichtlicher Vergleich mit dem Umgang und Umgangszeiten festgesetzt worden sind, kommt es trotzdem häufig nicht zu Umgängen, weil der betreuende Elternteil diesen verweigert oder nicht fördert. Rechtliche Instrumente zur Durchsetzung des Umgangs sind Zwangsgeld und Zwangshaft oder die Bestellung eines Umgangspflegers. Die Reichweite dieser Instrumente ist begrenzt, wenn der betreuende Elternteil auch nach Durchsetzung von Zwangsmitteln keinen Umgang gewährt. Werden vereinbarte Umgangstermine grundlos abgesagt, besteht gegen den betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Schadensersatz, zum Beispiel auf Erstattung der Fahrtkosten, wenn er zum Umgangstermin vergebens anreist. Hat der Umgangsberechtigte darüber hinaus einen Anspruch auf Schmerzensgeld? Hiermit hatte sich das Oberlandesgericht Köln zu befassen.

Der Fall:

Der Kindesvater begehrte ein Schmerzensgeld wegen der Verletzung des familiengerichtlich eingeräumten Umgangsrechtes mit seinen im Jahre 2006 geborenen Sohn. Die Mutter hat Umgänge nicht zugelassen. Die in Anspruch genommene Beklagte war durch das Familiengericht zur Umfangspflegerin bestellt worden. Die Mutter war zuvor bereits mehrfach zur Zahlung eines Ordnungsgeldes verurteilt worden, wobei es bis zum Jahr 2010 nur zu zwei begleiteten Umgängen kam.

Rechtsgrundlage: § 823 BGB

§ 823 Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
§ 253 Immaterieller Schaden
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Ein Schmerzensgeldanspruch kann sich aus § 823 in Verbindung mit § 253 BGB ergeben allerdings nur dann, wenn das Umgangsrecht als ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 BGB angesehen werden kann. Das Oberlandesgericht hat diese Frage offen gelassen, weil im übrigen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Auffassung des Gerichts ohnehin nicht vorlagen. Nach Auffassung des Gerichts setzt ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Verletzung des Umgangsrechts als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jedenfalls eine schwerwiegende Verletzung voraus, bei der die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise als durch Schadensersatz befriedigend ausgeglichen werden kann. "Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde. Diese Voraussetzungen sah das Gericht bei einer etwa einjährigen Umgangsverweigerung als nicht gegeben an und verneinte damit eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Hinweis: Grundsätzlich ist das Umgangsrecht eines Elternteils als sonstiges Recht im Sinne des § 823 BGB anzuerkennen als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind allerdings so hoch geschraubt, dass sie praktisch nie vorliegen. Die verlorene Zeit zwischen Vater und Kind ist nicht mehr aufzuholen. Die bisherigen Zwangsgelder haben versagt, ebenso die Umgangspflegschaft. Der Vater hatte offenbar alles getan, was rechtlich möglich und zulässig ist. Trotzdem wurde ihm ein Schmerzensgeld versagt. Das Schmerzensgeld hätte ihm selbstverständlich nicht weitergeholfen , wäre aber ein Signal an den betreuenden Elternteil gewesen, die Verhaltensweise grundlegend zu überdenken. Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln hat diese die Anforderungen an einen Schmerzensgeldanspruch so hoch gesetzt, dass er praktisch nicht durchsetzbar ist.

Quelle: Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 16.10.2014, 19 U 45/14

Fundstelle: NZFam 2015,333

zum Thema: Familienrecht / Umgangsrecht / Schmerzensgeld /Verweigerung / Rechtsanwalt /Fachanwalt / Schwerin



Eingestellt am 17.06.2015 von M. Vogel
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