Ausgleich der Schwerbehinderung durch Hörgerät

Der Fall: Ein fast tauber Verwaltungsfachangestellter benötigte ein neues Hörgerät. Der Hörgeräteakustiker empfahl ein Hörgerät für 4900 €. Mit diesem Hörgerät war dem Betroffenen sogar das Telefonieren problemlos möglich.

Der Akustiker zeigte die Versorgung gegenüber der Krankenkasse an. Diese teilte dem Betroffenen mit, dass sie den Festbetrag von 1200 € übernehmen würde, die Differenz müsse er selbst zahlen.

Der Betroffene erwarb das Hörgerät und begehrte von der Krankenkasse den Differenzbetrag. Diesen Antrag lehnte die Krankenkasse ab.

Der Mann erhob Klage.

Das Sozialgericht wies die Klage ab, denn nach Auffassung des Sozialgerichts hatte der Betroffene den vorgeschriebenen Beschaffungsweg nicht eingehalten.

Im Berufungsverfahren verurteilte das Landessozialgericht die beklagte Krankenkasse zur Zahlung des Differenzbetrages.

Die Richter stellten fest, dass die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers als Antrag auf die bestmögliche Versorgung durch den Betroffenen gelte. Wenn hierauf lediglich der Festbetrag bewilligt würde, sei dies gleichzeitig eine inzidente Ablehnung der Kostenübernahme für die höherwertige Hörgeräteversorgung. Da diese Entscheidung auf einer Prüfung des Antrags beruht, ist auch der Beschaffungsweg eingehalten.

Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Versorgung mit Hörgeräten dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dient und das Funktionsdefizit weitestgehend auszugleichen soll. Eine Beschränkung auf den Festbetrag kommt nur in Frage, wenn mit den Hörgeräten innerhalb dieses Betrages ein sachgerechter Behinderungsausgleich erfolgt. Ist dies nicht der Fall, hat die Krankenkasse die kompletten Kosten für das erforderliche Hörgerät zu tragen.

Lässt sich nicht nachweisen, dass auch mit einem Gerät innerhalb der Festbetragsregelung ein weitest gehender Behinderungsausgleich erfolgen kann, geht dies zu Lasten der Krankenkassen. Diese bedienen sich der der Hörgeräteakustiker und überlassen diesen die Versorgung der Mitglieder. Unabhängige Beratungsstellen, die nicht dem Profitstreben der Hörgeräteakustiker unterliegen, gibt es nicht. Wenn daher der Akustiker ein Hörgerät anpasst und dies für erforderlich hält, haben Versicherte praktisch keine Möglichkeit dies zu prüfen.

Eine derartige von den Krankenkasse unterhaltene Praxis kann nicht zu Lasten der Versicherten gehen.

LSG Hessen, Aktenzeichen L 8 KR 352/11
beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H.Beck, 15.09.2014



Eingestellt am 22.09.2014 von D. Köhn-Huck
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