Kostenübernahme für Fettabsaugung bei Lipödem

Der Fall: eine 51 Jahre alte krankenversicherte litt an beiden Beinen an einem Lipödem ( sog. Reiterhose ) im schwersten Stadium. Sie litt unter Schmerzen und massiven Bewegungseinschränkungen der Beine. Zusätzlich litt sie unter Beschwerden wegen einer fortgeschrittenen Arthrose in beiden Kniegelenken. Konservative Behandlungsmaßnahmen (manuelle Lymphdrainage, Gewichtsreduktion, Kompressionsbehandlung) blieben bisher ohne Erfolg. Die Versicherte beantragte daher die Kostenübernahme für eine stationäre operative Fettabsaugung zur Reduzierung des krankhaften Gewebes. Die AOK als Krankenversicherer lehnte die Kostenübernahme ab. Sie argumentierte, es handele sich dabei um eine neue Untersuchung-und Behandlungsmethode, für die es noch keine Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen gebe. Zudem fehle es an der notwendigen Qualifikation der Ärzte und operative Anforderungen gebe es nicht. Die begehrte Therapie sei darüber hinaus nicht für den ambulanten Bereich zugelassen. Dieses Fehlen könne nicht durch Ausweichen auf eine stationäre Behandlung umgangen werden.

Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Versicherte zunächst Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde. Sie erhob daraufhin Klage vor dem Sozialgericht Dresden. Dieses hat der Klage stattgegeben. Die Krankenkasse müsse nach Auffassung des Gerichts die Kosten übernehmen. Das Gericht argumentierte, allein durch die Fettabsaugung könne eine deutliche Schmerzlinderung, eine Verbesserung der Berührungsempfindlichkeit, eine bessere Beweglichkeit und eine Verbesserung der psychischen Gesamtsituation der Klägerin erreicht werden. Die Behandlung könne zudem nur stationär durchgeführt werden, da die erforderliche Absaugung von bis zu 6000 ml pro Behandlungseinheit eine hochdosierte Schmerzmittelmedikation und Infusionen zum Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes erfordern.

Nach Auffassung des Gerichts seien Behandlungen im stationären Bereich anders als im ambulanten Bereich grundsätzlich zugelassen, solange diese nicht durch den gemeinsamen Bundesausschuss negativ beurteilt wurden und der Nutzen der Behandlungsmethode durch wissenschaftliche Studien belegt ist. An den Umfang dieser Studien sind nach Auffassung des Sozialgerichts nicht zu hohe Anforderungen zu stellen. Bei einem so erheblichen Erkrankungsstadium wie dem der Klägerin käme dies einer faktischen Behandlungsverweigerung gleich.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Sozialgericht Dresden die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Quelle: Sozialgericht Dresden, Urteil vom 13.3.2015, Aktenzeichen S 47 KR 541/11
Redaktion Beck-aktuell, Verlag C. H. Beck, 22. Mai 2015
zu dem Thema: Krankenversicherung, Kostenübernahme, Fettabsaugung, Lipödem, stationäre Behandlung, ambulante Behandlung, Rechtsanwalt, Fachanwalt Sozialrecht, Schwerin



Eingestellt am 22.06.2015 von D. Köhn-Huck
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