Sprung aus Fenster kein Arbeitsunfall

Der Fall: Ein 27-jähriger Mann absolvierte eine berufliche Umschulungsmaßnahme.

Im Rahmen einer nicht beaufsichtigten Unterrichtszeit befanden sich der Mann und die weiteren Mitschüler im 1. Obergeschoss des Unterrichtsgebäudes. Eine Mitschülerin beabsichtigte im Rahmen einer Rangelei, den Mann mit einem Gummispritztier nass zu spritzen. Der Mann stand genau am Fenster und versuchte auszuweichen. Dabei sprang er aus dem Fenster. Er landete auf einem Welldach, welches nachgab, sodass der Mann auf den Boden stürzte. Dabei zog er sich Verletzungen am Fuß und der Wirbelsäule zu.

Der Mann beantragte die Anerkennung als Arbeitsunfall.

Dies lehnte die zuständige Berufsgenossenschaft ab. Sie verwies darauf, dass eine betriebsdienliche Tätigkeit bei dem Sachverhalt nicht vorgelegen habe.

Dagegen wandte der Mann ein, er habe nicht versucht, aus dem Fenster zu springen, sondern lediglich auszuweichen. Dabei sei er aus dem Fenster gefallen. Er legte gegen deie Entscheidung Widerspruch ein.

Auch der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Daraufhin erhob der Mann Klage vor dem Sozialgericht, welches die Auffassung der Berufsgenossenschaft teilte.

Der Kläger legte Berufung ein beim LSG Hessen. Das Landessozialgericht schloss sich der Auffassung der Berufsgenossenschaft ebenfalls an. Das Gericht führte aus, dass ein Arbeitsunfall nur dann vorliegen würde, wenn die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Neckereien, Rangeleien und Spielereien seien jedoch grundsätzlich als ein den Interessen des Betriebes zuwiderlaufendes Verhalten anzusehen und stellen regelmäßig höchstpersönliche Verrichtungen dar. Derartige höchstpersönliche Verrichtungen stünden nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung.

Eine andere Beurteilung könne lediglich bei Schülern und pubertierenden Jugendlichen erfolgen. Bei diesen wären die typischen Gefahren, die sich einer unzureichenden Beaufsichtigung oder aus dem typischen Gruppenverhalten innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule ergeben würden, zu berücksichtigen.

Der 27-jährige Umschüler sei jedoch mit Schülern und pubertären Jugendlichen nicht zu vergleichen. Er könne nicht anders gestellt werden als ein Mitarbeiter in einem Großraumbüro. Auch dort wären bei dem geschilderten Unfallverlauf, wobei das Gericht aufgrund der Zeugenaussagen und der Aussage des Versicherten von einem Sprung, nicht von einem Sturz ausging, die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls nicht erfüllt.
Quelle Redaktion Beck-aktuell, Verlag C. H. Beck, 14. Juli 2015
Urteil des LSG Hessen vom 24.3.2015, Aktenzeichen L 3 U 47/13
zu den Themen: gesetzliche Unfallversicherung, Sturz, betriebsziemliche Tätigkeit, höchstpersönliche Verrichtung, Rechtsanwalt Sozialrecht, Schwerin



Eingestellt am 15.07.2015 von D. Köhn-Huck
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