Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock

Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock verwenden diese Leitlinien als
Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei
die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Inhaltliche
Änderungen zu den bis 31.12.2014 geltenden Leitlinien betreffen die Selbstbehalte und
Bedarfe, geregelt in Ziff. 21. bis 23. sowie die Bedarfskontrollbeträge im Anhang I.
(Unterhaltstabelle).

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um
Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder
Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen
Einkommen.

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte einschließlich
Renten und Pensionen.

1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld),
werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind auf
einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen regelmäßig zugerechnet, soweit sie
in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind, darüber hinaus im absoluten
Mangelfall (vgl. Nr. 23). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Nebentätigkeiten.

1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als
Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen - vermindert um häusliche
Ersparnis - sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld)
kann 1/3 als Einkommen eingesetzt werden.

1.5 Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel
der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen:

Auszugehen ist von den Einnahmen abzüglich notwendiger Ausgaben. Für Gebäude ist
keine Absetzung für Abnutzung (AfA) anzusetzen.
1.7 Steuerzahlungen oder -erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen
Leistung zu berücksichtigen. Es besteht die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile in
Anspruch zu nehmen.

1.8 Sonstige Einnahmen, z. B. Trinkgelder

2. Auch folgende Sozialleistungen sind Einkommen:

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld

2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) beim Verpflichteten; beim Berechtigten nur,
soweit es um Unterhalt für die Vergangenheit geht und der Unterhaltsanspruch nicht
nach § 33 SGB II auf den Leistungsträger übergegangen ist.

2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt

2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von
Vorausleistungen nach den §§ 36, 37 BAföG

2.5 Elterngeld nach Maßgabe des § 11 Bundeselterngeldgesetz
Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten nach Abzug des Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindenhilfe, Schwerbeschädigten- und
Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610
a, 1578 a BGB sind zu beachten.

2.8 Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen
abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe
des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) beim
Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt

2.10/11
Kein Einkommen sind Sozialhilfe nach dem SGB XII und Leistungen nach dem UVG.
Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen
treuwidrig sein.

3. Kindergeld
Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern (vgl. Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers
Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder freie Kost und
Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert
Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens
unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch
Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen
Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen
Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.
Auszugehen ist vom vollen Mietwert (Nettokaltmiete). Wenn es nicht möglich oder nicht
zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann
statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen
Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zum endgültigen
Scheitern der Ehe (in der Regel Ablauf des Trennungsjahres, ggf. Zustellung des
Scheidungsantrags) in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung
Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen
anzusetzen. Bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der
Regel mit einem Betrag von 200 EUR bis 550 EUR.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit
Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise
unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter
Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als
Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion
Einkommen können auch auf Grund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare
Einkünfte sein (fiktives Einkommen).

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene
Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

10.1.1 Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B.
Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder rechtskräftig
titulierten Unterhalt).

10.1.2 Zur Absicherung einer angemessenen Altersvorsorge kann insbesondere der
nichtselbstständig Erwerbstätige eine zusätzliche Altersvorsorge von bis zu 4 %
seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres, gegenüber
Ansprüchen auf Elternunterhalt von bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens
betreiben.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen sind - wenn sie geltend gemacht, dargelegt und im Falle
des Bestreitens bewiesen werden - im Rahmen des Angemessenen vom
Arbeitseinkommen abzuziehen. Eine Schätzung ist möglich, § 287 ZPO.

10.2.1 Konkrete Aufwendungen

10.2.2 Die Kosten einer notwendigen Pkw-Nutzung für berufsbedingte Fahrten,
insbesondere zum Arbeitsplatz, werden mit einer Pauschale in Höhe von
0,30 EUR je gefahrenen Kilometer berücksichtigt. Hierin sind Anschaffungs-,
Reparatur- und sonstige Betriebskosten enthalten. Bei langen Fahrtstrecken
(ab ca. 30 km einfach) kann für die Gesamtstrecke nach unten abgewichen
werden. Steuervorteile sind gegenzurechnen.

10.2.3 Der Auszubildende hat seinen Ausbildungsaufwand konkret darzulegen und zu
beweisen, ein pauschaler Abzug erfolgt nicht.

10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge
der Berufstätigkeit erforderlich ist. Ein auf überobligatorischer Tätigkeit beruhendes
Mehreinkommen kann ganz oder teilweise anrechnungsfrei bleiben, wenn keine
konkreten Betreuungskosten anfallen. Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in
Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen mindern das Einkommen nicht;
es handelt sich um Mehrbedarf des Kindes.

10.4 Schulden

Zins- und Tilgungsraten (ggf. unter Berücksichtigung einer möglichen
Tilgungsstreckung) für Schulden können je nach den Umständen des Einzelfalls
(Art, Grund und Zeitpunkt der Entstehung) das anrechenbare Einkommen vermindern.
Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Prüfung der Leistungsfähigkeit oder Bedürftigkeit
für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls.
Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des
Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu
berücksichtigen.
Kann der Unterhaltsschuldner den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder aus anderen
Mitteln nicht decken, sind Schulden in der Regel nur bis zur Höhe des pfändbaren
Betrages (§ 850 c Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu berücksichtigen.

10.5 Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen;
Unterhaltsleistungen an nachrangig Berechtigte sind angemessen zu berücksichtigen.

10.6 Vermögensbildende Aufwendungen sind, soweit sie angemessen sind, abzugsfähig.

10.7. Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts, die über den dem
Umgangsberechtigten verbleibenden Anteil am Kindergeld hinausgehen, können sich,
soweit sie notwendigerweise anfallen, einkommensmindernd auswirken.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)
Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger
unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Unterhaltstabelle im Anhang I
(Düsseldorfer Tabelle). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder gemäß
§ 1612 a BGB als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.

11.1 Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das
Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist.
Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden
Versicherungskosten zu bereinigen. Kosten für den Besuch eines Kindergartens oder
vergleichbare Betreuungsformen werden mit Ausnahme der Verpflegungskosten durch
die Tabellensätze nicht erfasst. Sie sind Mehrbedarf des Kindes.

11.2 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei
Berechtigten Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl
Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine
niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.
Bei einer größeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten kann eine Korrektur an Hand
des Bedarfskontrollbetrages erfolgen. Der Bedarfskontrollbetrag des
Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine
ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den
Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Erreicht das dem Unterhaltspflichtigen nach
Abzug aller Unterhaltslasten verbleibende bereinigte Einkommen nicht den für die
Einkommensgruppe ausgewiesenen Bedarfskontrollbetrag, ist soweit herabzustufen, bis
dem Unterhaltspflichtigen der entsprechende Kontrollbetrag verbleibt.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der Betreuungsunterhalt im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig
in der Regel dem vollen Barunterhalt.

12.2 Einkommen des minderjährigen Kindes, das nach Abzug ausbildungsbedingter Kosten
(vgl. Nr. 10.2.3) verbleibt, ist zur Hälfte auf den Bar- und Betreuungsunterhalt
anzurechnen.

12.3 Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen
Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des
anderen Elternteils oder der eigene angemessene Unterhalt (1.300 EUR) des sonst allein
barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und der
des anderen nicht.
Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet,
haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf.
Betreuungsleistungen sind zu berücksichtigen.

12.4 Bei Zusatzbedarf

(Verfahrens-/Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf)
gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Kosten für den Kindergarten (ohne
Verpflegungskosten) oder vergleichbare Betreuungseinrichtungen sind Mehrbedarf des
Kindes.

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der
Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1 Volljährige Kinder, die noch im Haushalt eines Elternteils leben:
Der Bedarf volljähriger unverheirateter Kinder ist der 4. Altersstufe der
beiliegenden Unterhaltstabelle zu entnehmen, solange sie im Haushalt der
Eltern oder eines Elternteils leben; die maßgebende Einkommensgruppe ergibt
sich, wenn beide Elternteile leistungsfähig sind, aus den zusammengerechneten
Einkünften der Eltern ohne Erhöhung/Herabsetzung nach Nr. 11.2.
Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus
seinem Einkommen nach der Tabelle ergibt.

13.1.2 Andere volljährige Kinder:
Der Bedarf (einschließlich Wohnbedarf) eines nicht unter Nr. 13.1.1 fallenden
Kindes beträgt 670 EUR monatlich.
In diesem Betrag sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie
Studiengebühren nicht enthalten.
Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die
Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2 Auf den Unterhaltsbedarf werden das volle Kindergeld (Nr. 14) und die Einkünfte des
Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um
ausbildungsbedingte Aufwendungen) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer
Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606
Abs. 3 Satz 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gemäß Nr. 10 zu
ermitteln. Außerdem sind vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen
Selbstbehalts von 1.300,00 EUR und Unterhaltsleistungen für vorrangig Berechtigte
abzuziehen.
Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern
gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt
(1.080 EUR/880 EUR) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht
gedeckt werden kann.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld ist nach Maßgabe des § 1612 b BGB zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu
verwenden.
Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bei der Bedarfsbemessung dürfen nur eheprägendes Einkommen und grundsätzlich nur
eheprägende Schulden berücksichtigt werden. Spätere Änderungen des verfügbaren
Einkommens der Ehegatten sind grundsätzlich zu berücksichtigen, unabhängig davon,
wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Erhöhungen handelt.
Eine Einkommensreduzierung ist dann unbeachtlich, wenn sie auf einem
unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht. Unerwartete, nicht in der Ehe
angelegte Steigerungen des Einkommens des Unterhaltspflichtigen (insbesondere
aufgrund eines Karrieresprungs) oder auf Wiederverheiratung beruhende Steuervorteile
bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie dienen zum Ausgleich des hinzugetretenen
Bedarfs weiterer Unterhaltsberechtigter.

15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz; vom bereinigten Nettoerwerbseinkommen ist ein
Erwerbstätigenbonus von 1/7 abzuziehen.
Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind, so wird sein Einkommen vor
Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Zahlbetrag nach Abzug des
anzurechnenden Kindergeldes) bereinigt. Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als
auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3.

15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete
Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4 Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten
gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem
Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit
nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z. B. durch Anrechnung nicht prägenden
Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf. Vorsorgeunterhalt kann nur
beansprucht werden, wenn der Elementarunterhalt in Höhe des notwendigen
Selbstbehalts für Nichterwerbstätige sichergestellt ist.

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte
Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Bei Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes kann bis zur Vollendung des
3. Lebensjahres eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden. Danach besteht eine
Erwerbsobliegenheit nach Maßgabe der Betreuungsbedürftigkeit und der zumutbaren
Betreuungsmöglichkeit. Soweit mehrere Kinder zu betreuen sind, ist auf die Umstände
des Einzelfalls abzustellen.
Geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte über das an sich zumutbare Maß hinaus einer
Erwerbstätigkeit nach, so richtet sich die Anrechenbarkeit seines dadurch erzielten
Einkommens auf den Unterhaltsanspruch nach § 1577 Abs. 2 BGB.

17.2 In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine
Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB
Der Bedarf der Mutter oder des Vaters eines nichtehelichen Kindes richtet sich nach der
Lebensstellung des betreuenden Elternteils (§§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 BGB).

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen nach den §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) zu
berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten die §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem
angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) sowie dem Selbstbehalt gegenüber Ehegatten
(§ 1581 BGB).

21.2 Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2
BGB gleichgestellten volljährigen Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige
Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme.

Er beträgt
- beim Erwerbstätigen 1.080 EUR
- beim Nichterwerbstätigen 880 EUR.

21.3 Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern,
die nicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind, 1.300 EUR.

21.3.2 Gegenüber der Mutter oder dem Vater nichtehelicher Kinder
nach § 1615 l Abs. 1 BGB beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.200 EUR.

21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt der Selbstbehalt mindestens 1.800 EUR
zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens
(bei Vorteilen des Zusammenlebens in der Regel 45 % des
darüber hinausgehenden Einkommens). Der angemessene
Unterhalt eines mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden
Ehegatten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen
(Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch mindestens 1.440 EUR.

21.3.4. Für den Selbstbehalt gegenüber Enkeln gilt 21.3.3 entsprechend.

21.4 Gegenüber Ehegatten beträgt der Selbstbehalt (§ 1581 BGB) 1.200 EUR.
Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere im absoluten Mangelfall,
kann der Selbstbehalt angemessen bis zum notwendigen Selbstbehalt (1.080
EUR/880 EUR) vermindert werden.

21.5 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn
der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt
ist (vgl. Nr. 22). Wegen der Kostenersparnisse bei gemeinschaftlicher Haushaltsführung
kommt eine Kürzung des Selbstbehalts dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige
mit einem Dritten zusammenlebt.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen
zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen des
nachrangigen geschiedenen Ehegatten beträgt 960 EUR.

22.2 Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen
zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen
nicht privilegierter volljähriger Kinder beträgt 1.040 EUR.

22.3 Zum Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln vgl. 21.3.3 bzw. 21.3.4.

23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten

23.1 gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 1.200 EUR

23.2 gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1.300 EUR

23.3 gegenüber Eltern und Enkeln des Unterhaltspflichtigen 1.800 EUR

24. Mangelfall

24.1 Grundsatz
Reicht der Betrag, der zur Erfüllung mehrerer Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung
des Selbstbehalts des Verpflichteten (Nr. 21) zur Verfügung steht, nicht aus, um alle
Ansprüche zu erfüllen, so ist der den Selbstbehalt übersteigende Betrag auf die Berechtigten
unter Beachtung der Rangverhältnisse zu verteilen.

24.2 Einsatzbeträge
Die Einsatzbeträge für minderjährige unverheiratete und ihnen gleichgestellte volljährige
Kinder entsprechen den Tabellenbeträgen der ersten Einkommensgruppe der Tabelle in
Anlage I abzüglich des nach § 1612 b Abs. 1 BGB zur Bedarfsdeckung zu verwendenden
Kindergeldes.

24.3 Berechnung
Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende
Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis
der (ggf. um eigene Einkünfte gekürzten) Einsatzbeträge zu verteilen.

24.4 Angemessenheitskontrolle
Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine
Angemessenheit zu überprüfen.
Sonstiges

25. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

Anmerkung:

Die Unterhaltsbeträge für die jeweiligen Stufen sind identisch mit denen der Düsseldorfer Tabelle.