Wann habe ich Anspruch auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall?
Anspruch auf vollen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall hat nach dem Straßenverkehrsgesetz ( StVG ) verschuldensunabhängig derjenige, für den der Unfall ein unabwendbares Ereignis darstellt. Ferner besteht daneben ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch gegen denjenigen, der den Unfall verschuldet hat nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ( BGB ).
Rechtsgrundlagen für Schadensersatzansprüche:
§ 7 Abs 1 StVG
" Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen."
§ 17 StVG
" 1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist."
§ 823 BGB
"1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."
Anspruch auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall hat derjenige, für den der Unfall ein unabwendbares Ereignis darstellt.
Die Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz ist grundsätzlich verschuldensunabhängig und eine reine Gefährdungshaftung. Neben der Haftung aus dem Straßenverkehrsgesetz kommt auch eine verschuldensabhängige Haftung gemäß § 823 BGB für die vorsätzliche oder einer Sache in Betracht. Beide Ansprüche verjähren nach drei Jahren, der Anspruch aus dem Straßenverkehrsgesetz verwirkt indes nach zwei Monaten.Sind an einem Unfall mehrere Fahrzeuge beteiligt, ohne dass den einen oder anderen Verkehrsteilnehmer ein Verschulden trifft, so hat eine Haftungsabwägung der jeweiligen Betriebsgefahr eines Fahrzeuges zu erfolgen.
Beispiele: PKW A steht an einer roten Lichtzeichenanlage. Fahrzeugführer B bremst zu spät und fährt auf. Hier stellt der Unfall für A ein unabwendbares Ereignis dar. B trifft in der Regel auch ein Verschulden, so dass A Anspruch auf 100-prozentigen Schadensersatz hat.
Fahrzeugführer A fährt seiner Auffassung nach bei Grünlicht in einen Kreuzungsbereich ein. Fahrzeugführer B, von rechts kommend, behauptet auch, bei grün gefahren zu sein. Lässt sich der Hergang und die Ampelfarbe nicht aufklären, so haften beide für - und gegeneinander mit einer Quote von 50 %.
Fahrzeugführer A fährt innerorts mit einer Geschwindigkeit von 75 km anstelle zulässiger 50 km. Fahrzeugführer B kommt aus einer Nebenstraße von rechts und hat die Vorfahrt zu beachten. Er unterschätzt die Geschwindigkeit von A und fährt in den Kreuzungsbereich ein. Hierbei kommt es zur Kollision. Wäre A mit der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km gefahren, wäre der Unfall für ihn sowohl zeitlich auch als auch räumlich vermeidbar gewesen. Bei einer Konstellation der hier vorliegenden Art hat A zwar Anspruch auf Schadensersatz aber nicht mehr in voller Höhe. Einerseits trifft ihn ein Mitverschulden, andererseits eine erhöhte Haftung aus Betriebsgefahr. Je nach Gericht wird hier eine Mithaftung von 20-50 % angenommen.