Kündigungsschutz bei künstlicher Befruchtung

Rechtsgrundlage: MuSchG Mutterschutzgesetz

§ 9 Kündigungsverbot ( MuSchG )
(1) Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird......

§612 a Maßregelungsverbot ( BGB )
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
Literatur:

Der Fall:

Die Arbeitnehmerin teilte dem Arbeitgeber Mitte Januar mit, dass sie ihren Kinderwunsch mittels einer künstlichen Befruchtung erfüllen wolle und diese unmittelbar bevorstehe. Der Embryotransfer erfolgte am 24.1. Am 31. Januar kündigte der Arbeitgeber ohne behördliche Zustimmung. Am 7.2. wurde die Schwangerschaft festgestellt, am 13. Februar der Arbeitgeber hierüber informiert.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat der Arbeitnehmerin den besonderen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes bewilligt und hierzu folgendes ausgeführt:

" Bei natürlicher Empfängnis wird der Beginn des Kündigungsverbots aus § 9 Abs. Satz 1 MuSchG in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. Satz 1 MuSchG in der Weise bestimmt, dass von dem ärztlich festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung um 280 Tage zurückgerechnet wird .....Dieser Zeitraum umfasst die mittlere Schwangerschaftsdauer, die bei einem durchschnittlichen Menstruationszyklus zehn Lunarmonate zu je 28 Tagen - gerechnet vom ersten Tag der letzten Regelblutung an - beträgt. Er markiert die äußerste zeitliche Grenze, innerhalb derer bei normalem Zyklus eine Schwangerschaft vorliegen kann. Damit werden auch Tage einbezogen, in denen das Vorliegen einer Schwangerschaft eher unwahrscheinlich ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann eine Schwangerschaft bei Durchführung einer In-vitro-Fertilisation frühestens im Zeitpunkt des Embryonentransfers und nicht bereits mit Befruchtung der Eizelle außerhalb des Körpers der Frau beginnen . Da das "Einfrieren" befruchteter Eizellen (sog. Kryokonser-vierung) durch das Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzge-setz ...), .... zeitlich nicht begrenzt wird ...., könnte sich eine Arbeitnehmerin andernfalls unter Umständen mehrere Jahre auf den besonderen Kündigungsschutz gemäß § 9 Abs. Satz 1 MuSchG berufen ."

Hinweis: Da der Arbeitgeber offenbar die Mitteilung des Embryotransfers als Anlass zur Kündigung genommen hatte,war die Kündigung auch wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot unwirksam.

Quelle: BAG, Urteil vom 26.3.2015 2 AZR 237/14

Fundstelle: BeckRS 2015,

zum Thema: Arbeitsrecht / Mutterschutz / Maßregelungsverbot / künstliche Befruchtung / Kündigungsschutz / Fachanwalt / Schwerin



Eingestellt am 24.06.2015 von M. Vogel
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