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Hinterbliebenenrente trotz Tod infolge des Behandlungsabbruches durch Ehefrau
Er erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma und verlor das Bewusstsein. Willkürliche Reaktionen waren nicht mehr möglich und es bestand ein dauerhaftes Wachkoma. Er war auf vollständige pflegerische Hilfe angewiesen und wurde über eine Magensonde ernährt.
Die Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an und zahlte eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100.
Im März 2010 wurde festgestellt, dass sich der Gesundheitszustand nicht mehr bessern würde. Dies führte zu dem Entschluss der Ehefrau, die Versorgung des Versicherten über die Magensonde einzustellen.
Sie erklärte gemeinsam mit Ihren Söhnen, dass der Versicherte vor seinem Unfall mehrfach und deutlich geäußert habe, er wolle niemals nur durch lebensverlängernde Maßnahme weiterleben.
Um diesem Wunsch zu entsprechen beschlossen die Ehefrau und die Söhne, die Versorgung durch die Magensonde einzustellen und den Versicherten sterben zu lassen.
Am 12.07.2010 durchtrennte die Ehefrau die Zuleitung zur Magensonde in Absprache mit dem Heimpersonal. Am 20.07.2010 verstarb der Versicherte.
Die Ehefrau beantragte dann Hinterbliebenenrente und Sterbegeld. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Leistungen ab und wies auch den Widerspruch zurück.
Die Ehefrau des Versicherten erhob Klage.
Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung der begehrten Leistungen. Eine dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht zurück.
Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Der Ehefrau stehen demnach die begehrten Leistungen zu.
Die Berufsgenossenschaft hatte sich auf § 101 Absatz 1 SGB VII berufen, der lautet:
„Personen, die den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, haben keinen Anspruch auf Leistungen.“
Das Bundessozialgericht schränkte den Geltungsbereich der Norm dahingehend ein, dass sie bei einem straffreien, gerechtfertigten Behandlungsabbruch keine Anwendung finde.
Dies sei u.a. Folge des Patientenverfügungsgesetzes. Mit der Regelung der Patientenverfügung habe der Gesetzgeber klargestellt, dass die durch die Autonomie und Menschenwürde des Einzelnen getragene Entscheidung, keine lebensverlängernden Maßnahmen zu wollen, zu berücksichtigen ist.
Im vorliegenden Fall hat die Ehefrau als Betreuerin dem Willen des Verletzten Rechnung getragen. Dazu sei Sie nach Auffassung des Gerichts als Betreuerin auch verpflichtet gewesen.
Die Voraussetzung eines straffreien Behandlungsabbruchs lagen nach Feststellungen des Landessozialgerichts bei der Ehefrau vor. Das LSG hat bei der Prüfung auch die Feststellungen der Staatsanwaltschaft im gegen die Ehefrau geführten Verfahren nachvollzogen. Ein gegen sie eingeleitetes Strafverfahren war gem. § 170 Absatz 2 StGB eingestellt worden.
An diese Feststellungen des LSG war das BSG gebunden.
Die Berufsgenossenschaft muss demnach Hinterbliebenerente und Sterbegeld zahlen.
Quelle: Bundessozialgericht, AZ B 2 18/13 R S3
Zum Thema: Arbeitsunfall, Anerkennung, Verletztengeld, Hinterbliebenenrente Wachkoma, Patientenverfügung
Eingestellt am 15.12.2014 von D. Köhn-Huck
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