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Übernahme Kosten Hörgeräte – Krankenkassen müssen für bestmöglichen Ausgleich der Hörstörung sorgen
So auch bei einem Montagearbeiter, der unter angeborener Schwerhörigkeit litt. Dieser hatte beim Integrationsamt einen Kostenzuschuss für die Hörgeräteversorgung beantragt, um seine alten, nicht reparaturwürdigen Hörgeräte zu ersetzen.
Das Integrationsamt leitete den Antrag erst nach 8 Wochen an die Rentenversicherung weiter, welche den Antrag ablehnte.
Daraufhin zahlte der Schwerhörige einen Betrag von 2840 € selbst, im Übrigen wurden die Kosten von der Krankenkasse übernommen.
Der Schwerhörige klagte gegen die Ablehnung der Übernahme der Kosten durch die Krankenversicherung. Nachdem in erster Instanz die Klage erfolglos
geblieben war, entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu Gunsten des Klägers.
Das Gericht ging zwar davon aus, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers keine besonderen Voraussetzungen an die Hörgeräteversorgung stelle und die Rentenversicherung somit nicht eintrittspflichtig sei. Allerdings stellte das Gericht fest, dass Hörbehinderten im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und bei Umgebungsgeräuschen eröffnet werden muss. Im Falle des Klägers seien die Festbetragsgeräte nicht geeignet, einen bestmöglichen Ausgleich der Hörstörung herzustellen, denn mit den von ihm erworbenen Geräten habe der ein bis zu 20 % besseres Sprachwortverstehen.
Nach dem zwischen den Krankenkassen und der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker geschlossenen Vertrag über die Hörgeräteversorgung sind Akustiker verpflichtet, Versicherte aller Schwerhörigkeitsgrade ohne Mehrkosten für den Träger der Krankenversicherung mit solchen Hörgeräten zu versorgen, die den Hörverlust angemessen ausgleichen. Unter Berücksichtigung dieses Vertrages hätte die Krankenkasse, welche vom Gericht beigeladen wurde, die Möglichkeit gehabt, auf eine im Rahmen des Festbetrags erfolgende Versorgung des Klägers hinzuwirken.
Im vorliegenden Fall gab es die Besonderheit, dass das ebenfalls beigeladene Integrationsamt die entstandenen Kosten des Klägers übernehmen musste, da es den Antrag des Klägers nicht binnen zwei Wochen an einen zuständigen Leistungsträger weitergeleitet hatte. Der erstangegangene Leistungsträger muss einen Antrag entweder innerhalb von zwei an den zuständigen Leistungsträger weiterleiten oder die Kostenübernahme unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen und gegebenenfalls die Leistung erbringen. Daher hat im vorliegenden Fall das Integrationsamt dem Kläger die Kosten für die beschafften Hörgeräte bis auf eine Selbstbeteiligung von 20 € zu zahlen.
Quelle: beck online, becklink 1028570
LSG Niedersachsen-Bremen, AZ L 10 R 579/10
Wir führen gegenwärtig gleichartige Verfahren vor dem Sozialgericht Schwerin, in denen es zum Einen darum geht, wann die Rentenversicherung aufgrund besonderer beruflicher Bedingungen an das Hörvermögen zuständig ist. Zum Anderen wird auch hier zu prüfen sein, inwieweit ein Ausgleich der Hörstörung mit den Festbetragsgeräten überhaupt möglich ist. Letztlich ist bei einer Bewertung immer eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Hörgeschädigte sollten sich mit der formelhaften Ablehnung der Ansprüche durch die Krankenkassen, Integrationsämter und der Deutschen Rentenversicherung nicht zufrieden geben und die Voraussetzungen einer weiteren Kostenübernahme als Übernahme der Festbeträge ggf. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens oder einer Klage prüfen lassen.
Daniela Köhn-Huck
Fachanwältin für Sozialrecht, Schwerin
Eingestellt am 08.10.2013 von D. Köhn-Huck
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